Dienstag, 16. Juni 2015

Leben auf der Quinta - Teil 4

++++ Endlich hat sich das Wetter mal wieder beruhigt und wir können Ski und Schlittschuhe doch wieder wegpacken. Heute haben wir 28 Grad und das ist ja mal ein Anfang. Blöd war der Regen in den letzten Tagen. Er bewahrt uns zwar vor Feuer, aber dass er ausgerechnet fiel, als wir Heu gemäht haben/hatten, ist wirklich doof, denn jetzt ist alles nass, muss von Hand gewendet werden und erst mal trocknen, bevor es dann zu Ballen gepresst werden kann, mehr Arbeit also, als eigentlich sein müsste. ++++

++++ Futter wurde gestern auch geliefert und das war dann das wahre Vergnügen, denn wenn wir Futter bekommen, dann kommt das Palettenweise, sowohl die großen Säcke mit 25kg, wie auch die Dosen zu je 800gr. Es ist halt immer eine rechte Schlepperei, bis alles überall verteilt ist, aber das macht Muckis und deswegen gehen wir auch nicht in die Muckibude, sondern trainieren hier unter freiem Himmel ++++

Nachdem ich Euch ja in den ersten 3 Teilen dieser Miniserie über unsere Routinen berichtet habe und warum feste Abläufe so wichtig sind, erzähle ich Euch heute etwas über die periodisch wiederkehrenden Pflege- und Wartungsarbeiten an unseren Gumminasen, die auch ein wesentlicher Bestandteil nachhhaltigen Tierschutzes sind. Auch wenn das nicht jeder einsehen will, so ist Nachhaltigkeit und echte Fürsorge und Pflege in unseren Augen immer noch die Basis echten Tierschutzes. Ich habe es ja im letzten Bericht schon angedeutet: wir behandeln unsere Tiere nicht anders, als ein privater Einzelhundbesitzer es auch tut ... oder tun sollte. Wir denken, dass wenn man ein Tier aufnimmt und damit auch vor dem Untergang rettet, dann sollte dieses Tier nicht nur einfach grob versorgt und verwahrt werden, sondern eben alle Fürsorge bekommen, die man einem Tier zukommen lassen muss, denn nur dann macht das alles einen Sinn. Mir ist klar, dass ich mir mit dieser Haltung und dieser Darstellung nicht unbedingt neue Freunde mache, aber ich bin auch kein Freund von sogenannten Tierheimen, die hunderte Hunde irgendwie aufnehmen, verwahren, mehr schlecht als recht halten und letztlich nicht wirklich nachhaltig und vor allem langfristig versorgen. Manchmal stimmt die alte Weisheit eben doch: "weniger ist mehr".

KaySi hat ja in den letzten Wochen mit ihrer Schermaschine "gewütet" und allen Langfelligen einen passenden Sommerschnitt verpasst. Das hat den Grund, dass es hier im Sommer heiß wird und man den Hunden kaum zumuten kann, im Wintermantel herumzurennen. Ein anderes Problem ist, dass viele Felltypen dazu neigen, schnell zu verfilzen. Die Filzkladden verwurschteln sich immer mehr, drehen sich regelrecht zusammen und enden dann als Knubbel direkt über der Haut. Diesem Problem kommt man nur durch regelmäßiges Bürsten bei, was vor allem im Winter ein echtes Thema sind, wenn die Hunde nass und matschig werden. Das wiederum liegt nicht daran, dass wir nicht genügend Hütten, Räume oder Unterstände hätten, nein im Gegenteil, es liegt daran, dass unsere Hunde den Regen und das Wasser lieben. Während wir Menschen in Regenkleidung frierend mit dem Clan auf Tour gehen, toben sie durchs Wasser der dann vollen Flüsse, wälzen sich im Matsch und haben echt Spaß. Das Fell dann in Ordnung zu halten ist bei manchen Hunden fast ein Ding der Unmöglichkeit, denn kaum gebürstet, machen sie dasselbe wieder, weil sie es lieben. Das ist der Nachteil, wenn Hunde frei leben können. Somit ist im Frühjahr/Sommer eine ordentliche Frisur die beste Lösung, denn so bekommt man eine Grundstruktur in das Fell und vermeidet Schäden an der Haut, wunde Stellen etc.

Der Fellwechsel fordert ebenfalls seinen Tribut. Knapp die Hälfte unserer Nasen ist davon betroffen.

Wir haben wir auch viele Hunde mit einem mittellangen Fell, also nicht kurz und nicht lang, die man auch nicht scheren kann. Sie müssen regelmäßig gebürstet werden, insbesondere in der Übergangszeit zum Sommer, wenn sie im Fellwechsel sind und das längere Winterfell büschelweise auf die Reise in den Wind geht. Gleiches gilt übrigens für die Pferde, die ja auch einen heftigen Fellwechsel durchmachen und entsprechend gepflegt werden müssen.

Einzig die Kurzfeller, wie unser BabyBub sind da weniger pflegeintensiv, aber leider ist das die Minderheit im Clan.

Dann haben wir noch einige Hunde, die aufgrund von ehemaligen Wirbelsäulenverletzungen an Inkontinenz leiden. Namen nenne ich jetzt nicht, wegen Wahrung der Persönlichkeitsrechte, aber die echten Fans wissen, wer in diese Kategorie fällt. Diese Hunde, teilweise auch langfellig, sind im Bereich der Hinterläufe regelmäßig schmutzig und verklebt. Sie müssen im Prinzip alle 1-2 Tage an den entsprechenden Stellen gewaschen werden und das Fell muss immer kurz gehalten werden, damit sich da gar nicht erst etwas "Unschönes" entwickeln kann, um es mal diskret auszudrücken.

Nicht direkt zur Fellpflege und indirekt eben doch, gehört die Pflege und Kontrolle der Scalibors. Diese Halsbänder sind bei uns unabdingbar, um vor allem der Leishmaniose vorzubeugen. Der Wirkstoff sitzt bei den Bändern innen im Band und wird über eine Art Poren freigegeben. Da unsere Hunde ja in der Wildnis toben, sind die Bänder in regelmäßigen Abständen verschmutzt und müssen abgenommen und gereinigt werden, damit der Wirkstoff auch wirken kann. Das muss dann auch 50 mal gemacht werden, eben bei jedem Hund.  Dabei kontrollieren wir auch gleich, ob es eine allergische Reaktion gibt. In den letzten Jahren hatten wir leider einige Fälle von teilweise heftigen Reaktionen, die zu massiven Wunden und Entzündungen am Hals führten. Gerade bei langfelligen Hunden sieht man das nicht auf den ersten Blick und daher ist regelmäßige Kontrolle angesagt. Wir wissen nicht, woher diese plötzlichen Allergien kommen, außer dass es am Wirkstoff selbst liegt, denn man kann den Wirkstoff auch auf andere Weise verabreichen und wir haben auch dann immer diese Reaktionen bekommen. Gewechselt werden die Scalibors alle 6 Monate.

Das nächste Thema im Bereich Pflege sind dann die Krallen, incl. der Wolfskrallen. Letztere neigen bei manchen Hunden zum einwachsen, was zu schmerzhaften Wunden und Entzündungen führt. Also müssen die Krallen allesamt regelmäßig kontrolliert und eben teilweise auch geschnitten werden. Das spielt sich dann gestaffelt so alle 8 Wochen ab.

Ohren sind bei Hunden ja ein weiteres Thema, denn Hunde hören schlecht, seeehr schlecht und meistens sind sie sogar ganz taub, vor allem wenn man sie ruft und sie gerade mit anderen Dingen beschäftigt sind. Freie, wilde Hunde toben in der Natur herum und außer Schmutz, gibt es da auch noch andere Gefahren, die aus tauben Hunden, ganz taube Hunde machen - wenn Ihr versteht was ich meine. Im Ernst: das große Problem sind Fremdkörper und dabei speziell die Grannen von diversen Wildpflanzen/wildem Getreide. Diese Dinger bohren sich in die Ohren, kommen wegen der Widerhaken nicht mehr raus, lassen sich auch nicht herausschütteln oder mit der Pfote rauskratzen. Das Ergebnis sind heftigste Ohrenentzündungen, Vereiterungen mit Schmerzen und möglicherweise bleibenden Schäden für das Gehör. Ohrenkontrolle ist daher bei uns eine Arbeit, die mindestens ein Mal in der Woche stattfinden muss, also 100 Ohren anschauen. Meistens steht dann auch spätestens alls 2 Wochen eine Ohrengrundreinigungn an, die nicht wirklich bei den Hunden beliebt ist.

Und weil wir schon bei Fell, Pflege und Kosmetik sind ... die Flöhe und deren Kumpels, die Zecken... auch so ein Thema. Wir haben glücklicherweise mit Zecken praktisch keine Probleme, wegen der Scalibors. Dennoch gibt es hier Minizecken, die man nicht auf den ersten Blick sieht, die aber nicht weniger gefährlich sind. Daher ist Zeckenkontrolle wichtig, vor allem bei den Langfelligen. Was die Flöhe angeht, so geben wir alle 3 Monate eine Tablette, die wirklich sehr gut wirkt und vor allem irgendwelche Allergien verhindert. Pipetten sind auch ok, aber wir haben zum Einen festgestellt, dass die Flöhe Resistenzen bilden und zum Anderen manche Hunde allergisch reagieren. Mittlerweile sind Pipetten aller Art hier immer unwirksamer geworden und das geht nicht uns alleine so, sondern vielen anderen Hundehaltern auch.

Wenn wir schon bei den Flöhen sind: wo halten sich Flöhe denn sonst noch so auf, wenn sie nicht gerade an einem Hund herumnuckeln? Es gibt viele gute Verstecke und Nester. Allen voran die Decken in den Hütten, sowie Ritzen und Fugen in den Holzhütten. Also müssen die Decken sehr regelmäßig gewechselt und gewaschen werden und die Holzhütten innen durchgereinigt. Wir haben ein biologisches Spray, mit dem wir das durchführen. Mittlweile haben wir die Holzhütten auch schon weitgehend durch gemauerte Hütten mit glattem Putz ersetzt, denn die lassen sich leichter reinigen und bieten den Flöhen keinen Unterschlupf.

Decken waschen ist eine der Dauerarbeiten und so ziemlich jede Nacht hab ich die angenehme Aufgabe den stabilen Nachtstrom zum Waschen auszunutzen ... ja, waschen und anschließend dann noch die Waschmaschine reinigen, denn die ist meist voller Haare, die sich naturgemäß in den Decken sammeln. Ich bin nur froh, dass wir hier an ein biologisches = biologisch 100% abbaubares Waschmittel kommen, was nicht immer so war. Bei der Menge an Wäsche würde unsere Biokläranlage ansonsten die weiße Fahne schwenken. Ein weiterer, angenehmer Nebeneffekt ist, dass es keine Waschmittelallergien für die Hunde geben kann, denn das Waschmittel ist frei von jeglichen Allergenen und wird auch für Babywäsche angepriesen.

Ist der Mensch gesund, freut sich der Hund ... oder umgekehrt ...  also bei uns ist es umgekehrt und weil man nicht immer in einen Hund reinschauen kann und der frühe Vogel den Wurm fängt und vorbeugen ist besser als bohren und ... naja, Ihr wisst was ich meine ... sollten wir auch frühzeitig wissen, wie es mit der Gesundheit der älteren Nasen steht und ob sich was anbahnt, bevor man ernste Symptome erkennen kann. Daher schicken wir regelmäßig (im Schnitt vierteljährlich) Blutproben ins Labor nach Deutschland, um den Status checken zu lassen. Dies gilt vor allem für die älteren Hunde und die Hunde mit Vorbelastungen. Auch wenn alle Hunde eigentlich gesund sind, muss man vorbelastete Hunde, die z.B. an Leishmaniose litten immer mal wieder kontrollieren. Ob die Krankheit wieder aufgetreten ist, ist dabei weniger die Frage, als die Frage nach Leber und vor allem Nieren, denn die werden durch die Krankheit geschädigt und man muss auch nach auskurierter LM oftmals Schonfutter geben. Das wiederum könnte zu Mangelerscheinungen führen und daher empfiehlt es sich, regelmäßig ein Blutbild zu erstellen und eben alle Werte zu kontrollieren. Auch alte Hunde neigen zu Nierenschwäche, was wiederum durch eine alterbedingte Herzschwäche verursacht wird. Um diese Hunde medikamentös sinnvoll einzustellen und die Dosierungen ggf. anzupassen, kommt man um regelmäßige Blutbilder nicht herum. Das Ganze ist immer ein ziemlicher Aufwand, denn es müssen unterschiedliche Formen des Blutes eingeschickt werden, zum Einen das sogenannte EDTA und zum Anderen ein Serum, das wir hier selbst zentrifugieren, sowie sogenannte Blutausstriche, die im Labor dann mikroskopisch angesehen werden. Solche Aktionen sind dann immer mit viel Stress für Mensch und Hund verbunden und sehr zeitaufwendig.

Was es mit dem Futter auf sich hat und wie wir es auswählen, berichte ich dann in der nächsten Folge über das Leben auf der Quinta.

Derweil wünscht Euch BabyBub sonnige Tage und betont, dass ER keine Flöhe hat und noch nie hatte, dass ER nie geschoren oder gebürstet werden muss, dass ER immer ganz besonders gut hört und dass ER auch keine Decken in seiner Hütte braucht und die immer wieder rauszieht und zerfetzt, wenn KaySi meint, ihm was Gutes tun zu wollen. ER sei schließlich kein Weichei und frieren sei ihm fremd.





Freitag, 12. Juni 2015

Neues von Algodao

In meinem heutigen Beitrag erfahrt Ihr ein wenig mehr zu unserem Pechvogel Algodão. Ich hab bereits mehrfach mit der Klinik und seinem persönlichen Betreuer gesprochen und ihn überreden können, uns Bilder zu schicken. Ja, das ist nicht ganz so einfach, denn leider bin ich ja gesundheitlich nicht in der Lage gewesen, selbst die Strecke zu meistern, was wir ja sonst immer machen. Dann sind Fotos auch kein Thema, weil wir sie selber machen. Dennoch hat es geklappt und wir wissen es zu schätzen, denn man muss sich vorstellen, dass dort bis zu 50 Hunde gleichzeitig in Therapie sind und wenn jeder Besitzer laufend nach Fotos schreien würde, dann könnten die einen Fotografen einstellen, der nix Anderes macht. Naja und man sollte auch nicht vergessen, dass der Klinikverbund mit dem wir arbeiten, eigentlich nur für Tierärzte arbeitet und somit nur indirekt für Endkunden. Dass man als Endkunde den direkten Kontakt haben kann, ist eine große Ausnahme und basiert auf der Tatsache, dass wir schon über 10 Jahre zusammenarbeiten und sowohl HVA wie auch Referencia Veterinaria noch aus den Anfangszeiten kennen und großes gegenseitiges Vertrauen besteht.

Jeder Hund hat dort einen persönlichen Pfleger und Therapeuten, der dann immer ganz genau Bescheid weiß und immer mit dem Hund zusammen ist. So haben die Pfleger also ihre kleinen Gruppen an Patienten und arbeiten mit diesen. Der Vorteil ist, dass jeder Hund immer unter Beobachtung steht, was Ärzte ja so nicht leisten könnten. HVA beschäftigt ca. 10 Ärzte, hat immer um die 50 Therapiefälle und darüber hinaus ja noch die "normalen Fälle" im Bereich innere Medizin was deren anderes Fachgebiet ist. Somit ist der Bub also super betreut. Die Klinik ist übrigens eine 24H Klinik, was bedeutet, dass auch nachts immer ein Arzt und mehrere Pfleger vor Ort sind, wie in einem normalen Menschenkrankenhaus auch.

Apropos innere Medizin: Algodão hat ja auch noch ein Problem mit Zeckenfieber - Ehlichiose und Rickettsia. Das macht ihm insofern zu schaffen, als insbesondere die Rickettsia auch schmerzhafte Auswirkungen auf die Gelenke hat und das ist genau das, was man in der Physio nicht gebrauchen kann. Die beiden Krankheiten werden behandelt, ganz klar und heute kommt ein neues Hämmogramm als Kontrolle, um zu sehen wie die Behandlung anschlägt. Der Bub war ja schon vor dem Unfall recht klapprig und schwach, sodass auch sein Immunsystem noch nie wirkloch toll war. Sowas macht die Heilung natürlich langwieriger. Dennoch ist das alles nicht lebensbedrohlich. Er hat auch guten Hunger und bekommt Aufbaufutter der besten Sorte.

Was nun seine Hydrotherapie angeht, so macht er die fleißig mit, ist total lieb und verträglich, aber es ist immer noch alles von Schmerzen gekennzeichnet. Ich füge ein Bild an, auf dem man die Narbe der Beinoperation sehr gut sehen kann. Sie ist wirklich sehr lang, geht fast das dreiviertel Bein runter. Oben am Femur sieht man noch gut die rote Stelle, die noch nicht ganz zugeheilt ist. Das alles macht ihm natürlich zu schaffen. Schmerzmittel geben darf man aber nicht, denn das würde dazu führen, dass es bei der Hydrotherapie zu keiner natürlichen Grenze mehr kommt, er sich womöglich also übernimmt. Die Hydro andererseits noch aufschieben geht auch nicht, denn, wie man an dem Fotoausschnitt sehen kann, ist die Muskulatur hinten ohnehin schon so gut wie nicht mehr vorhanden. Würde man ihn also liegen lassen und nicht bewegen, wäre irgendwann alles zu spät und die Gefahr eines Dekubitus käme noch hinzu. Die Situation ist also nicht sooo einfach und erinnert an unsere Valentina, die ja damals auch sehr sehr schwach und mager war. Ok, heute ist sie dick und kugelrund und rennt durch die Gegend, als sei nie was gewesen, aber das ist halt auch viel Arbeit und braucht Zeit.



Die Hydrotherapie basiert auf dem Prinzip Laufband im Wasser. Man kann dabei alle Parameter genau einstellen:

  • Geschwindigkeit des Laufbandes
  • Neigungswinkel des Laufbandes
  • Körpergewicht des Hundes, das auf dem Laufband lastet und bewegt werden muss
Letzteres regelt man über den Wasserstand. Je mehr Wasser desto leichter der Hund, wie wir schon im Physikunterricht gelernt haben, wenn wir in der Hundeschule waren ... Man hat also die Möglichkeit, Bewegungsabläufe einzustudieren, ohne die Gelenke und operierten Bereiche übermäßig zu belasten. Dieses Einstudieren ist extrem wichtig, denn es geht dabei weniger um die Muskulatur, als um das Gehirn. Der Hund muss ja praktisch wieder laufen lernen, ohne z.B. die Beine zu verwurschteln, also zu kreuzen und er muss den Ablauf eines Schrittes einstudieren. Genau das macht Algodão momentan. Die Muskulatur wird langsam aufgebaut, indem man den Wasserstand in den kommenden Wochen senkt, abhängig vom Schmerzempfinden.

Neben der Hydrotherapie, die bis zu 3 x täglich stattfindet, jeweils für eine halbe Stunde, geht der Bub auch spazieren  (Pipi und Häufchen machen) und bekommt zusätzliche Anwendungen im Bereich Balance, Hindernisse überlaufen etc. Er hat also ein strammes Programm, an dessen Ende das normale Laufband ohne Wasser steht, wie wir es hier auch haben und mit Max und Caddy nutzen. Auch das Schwimmen mit Weste wird die Therapie komplettieren. Dann aber muss der Hund bereits völlig schmerzfrei sein.

Der Weg ist also noch lange, aber wir sind zuversichtlich, dass er am Ende ebenso munter herumtollen kann, wie all unsere Fälle in der Vergangenheit. Einzig der Aufwand und damit die Kosten werden nicht gering sein, aber ok ... die Alternative wäre ja wohl ... und daran denken wir jedenfalls nicht und haben es nie getan. Wir glauben an den Buben, glauben an das Leben und glauben an das Positive und Schöne, das das Leben zu bieten hat. Bisweilen stellen sich halt schon mal Hindernisse in den Weg, aber das geht uns Menschen ja nicht anders, als den Tieren. Hindernisse sind dazu da, überwunden zu werden und daran arbeiten wir.

Hier noch ein Bild von Algodão beim Gassigang, mit Gehhilfe. Er ist erst 9 oder 10 Monate alt, hat also sein ganzes Leben vor sich, somit sind die harten Monate, die er momentan durchmachen muss dann auch schnell wieder vergessen.

Unterstützt den Buben und helft uns, damit er ein quietschvergnügter Hund werden kann.

Euer Piitschai





Mittwoch, 10. Juni 2015

Penina und wie es weitergeht

Krebs ist ja leider auch so eine Krankheit, die einem für seine tierischen Freunde nicht erspart bleibt. Deswegen beginne ich heute mit einer Art Protokoll für Peninas Erkrankung. Wir hatten ja schon öfters mit Krebs zu tun und für uns kommt es prinzipiell auf 3 Dinge an, die wir dabei in den Mittelpunkt rücken:

1. der Hund soll so wenig wie möglich leiden
2. der Hund soll in seinen natürlichen Instinkten und Empfindungen nicht manipuliert werden
3. das Leben des Hundes soll weder künstlich verlängert noch künstlich verkürzt werden

An diesen Prinzipien richten wir unser Handeln und den Einsatz der unterschiedlichen Therapieangebote aus. Letztens wurde KaySi in einer Rezension vorgeworfen, sie sei gegen das Einschläfern und die Rezensentin hielt dagegen, dass sie absolut für das Einschläfern sei. Da dachte ich mir nur: "Oh Mann" bzw. "Oh Frau" oder noch genderneutraler "Oh Mensch" ... denn so verkürzt und pauschal kann man sich dem Thema sicherlich nicht nähern. Ich werde unsere Herangehensweise in den kommenden Wochen am Beispiel von Penina protokollieren und erklären, entsprechend dem wie sich die Situation weiter entwickelt, was ich momentan ja auch nicht voraussehen kann.

Seit gestern spät am Abend ... ja unsere Dra. ruft auch schon mal gegen Mitternacht an, um uns zu informieren ... wissen wir, dass die Süße - also ich meine Penina und nicht die Dra. - eine sehr spezielle Form von Lymphdrüsenkrebs hat. Die Ursache ist wohl genetisch bedingt und daher ist das Ganze besonders komplex. Ich muss gestehen, dass ich diesen ewig langen Begriff erst mal schriftlich sehen muss, um ihn dann korrekt zu übersetzen. Selbst mich hat das am Telefon leicht überfordert, trotz solider Sprachkenntnisse. Die Dra. macht uns nun einen Behandlungsplan, den wir wohl morgen bekommen - heute ist hier Feiertag und ich kann eh keine Medis besorgen - und dann müssen wir uns überlegen, wie wir vorgehen wollen.

Der Plan wird ein Plan für zwei unterschiedliche Formen von Chemotherapie sein und sie überlässt uns die Entscheidung, was wir wählen und wie wir es machen wollen. Ich informiere Euch dann über diese Pläne und deren Vor- und Nachteile, wenn ich sie studiert habe. Nein, keine Angst, ich werde Euch nicht mit medizinischen Diskursen langweilen, es geht mir eher darum, das Prinzip unseres Vorgehens transparent zu machen und außerdem bin ich ja kein Doc.

Grundsätzliches

Man hat immer die Wahl, ob man mit Chemotherapie, Strahlentherapie oder Naturheilmitteln arbeiten möchte. Auch Kombinationen aus Chemo und Natur sind sinnvoll machbar.

Naturheilmittel/Homöopathie kann sehr effektiv sein, ist aber sicherlich nicht immer und überall das allein selig Machende. Der ganz große Vorteil ist, dass der Hund physisch wie psychisch in einer Art "natürlichem Energiefeld" bleibt und dadurch bis zu einem gewissen Grad der Körper, der Geist und die Seele selbst über das weitere Leben entscheiden können, also letztlich auch, ob eine Heilung überhaupt erwünscht ist oder nicht. Klar, der Mensch wünscht sich immer eine Heilung für seinen Hund, aber oft genug aus eher egoistischen Gründen. Selbstheilungskräfte zu fördern ist ein wichtiger Gedanke bei der Nutzung von Naturheilmitteln und wir haben hier diesbezüglich schon wahre Wunder erlebt. Anders herum hat jedes Lebewesen auch ein Recht darauf selbst zu entscheiden, ob es weiterleben möchte oder eben gehen und vor allen Dingen wann. Dieses Wann ist für uns von großer Wichtigkeit, weil wir der Meinung sind, dass der Zeitpunkt an dem die Seele geht, nur von ihr selbst festgelegt werden kann. Jedes Lebewesen besitzt die Weisheit, selbst zu wissen, wann die Zeit gekommen ist oder ggf. auch dass sie noch nicht gekommen ist.

Chemotherapie/Strahlentherapie kann auf jeden Fall helfen und tut es in den meisten Fällen auch. Doch was bedeutet "helfen"??? Letztlich neigt der Mensch dazu, diese Hilfe über eine Verlängerung des Lebens zu definieren. Lebt der Hund noch 1 Jahr länger, als ohne Chemo, hat es geholfen ... sagt man gerne. Klar, auch wir wollen unsere Hunde so lange wie möglich bei uns behalten, wer will das nicht. Die offene Frage aber ist, was will der Hund? Fragen können wir ihn nicht, aber fühlen können wir es, wenn wir ihn gut kennen. Chemo hat teilweise erhebliche Nebenwirkungen und kann, aber muss nicht, zusätzliches Leid verursachen und am Ende steht ein qualvoller Tod, der dann irgendwann auch die Notwendigkeit der Spritze nach sich zieht. Genau das zu vermeiden, ist unsere Absicht und so arbeiten wir seit vielen Jahren.

Die Wahl der Mittel hängt prinzipiell erst einmal von der Konstitution des Hundes und dem Alter ab. Wir halten es für Quälerei, wenn wir z.B. einen Hund im Alter von 14 Jahren - wie die letztens verstorbene Bella - noch mit Chemo behandeln, um ein um 3 Monate längeres Leben herauszuquetschen.

Andererseits macht es absoluten Sinn, einen Hund im Alter von z.B. 4 Jahren, der eigentlich fit ist, mit Chemo zu behandeln, auch wenn ihm das eine harte Zeit über 3-4 Monate beschert. Wenn er am Ende der Therapie dann ein tolles Leben vor sich hat, ist das sicherlich in seinem Sinn.

Nach unserer Erfahrung gibt es kein "entweder vs. oder" also entweder Natur oder Chemo. Auch wenn es öfters mal anders dargestellt wird, lassen sich die beiden Dinge auch sehr gut kombinieren, da z.B. die Misteltherapie recht gut die Nebenwirkungen der Chemo lindern kann. Es gibt da viele Wege und Chancen.

Das Abwägen der passenden Behandlung ist ein sehr schwieriger Part und man kann sich da auch irren, keine Frage. Es kann auch passieren, dass man sich für Chemo entscheidet und dann feststellt, dass man das Leben zwar künstlich verlängert, der Hund aber enorm leidet. Dann kommt der Tag an dem man eine sehr schwierige Entscheidung treffen muss und ein Leben beenden, weil man es künstlich verlängert hat. Soetwas läuft einem ewig nach und auch mir ist das vor rund 12 Jahren mal passiert, aber ich habe daraus gelernt und es kam nie wieder vor. 

Bei Bella (14 Jahre alt) hatten wir uns gegen Chemo entschieden und so hatte sie unterstützt von einem Homöopathieplan, den wir für sie ausgearbeitet haben, eine wirklich schöne Zeit bei uns, hatte keine Schmerzen, hat gegessen und war wirklich ruhig und zufrieden. Sie hatte einen Tumor im Rachen, der sehr schnell wuchs. Operabel war er nicht, aber wir konnten das Wachstum stoppen, sodass sie essen und atmen konnte. Unsere größte Angst war, dass sie ersticken würde, was auch eine Chemo wahrscheinlich nicht hätte verhindern können. Ok, dann wäre es auch notwendig gewesen, einzugreifen, denn wir hätten sie nie und nimmer einfach so ersticken lassen, nur um nicht einzuschläfern. Deswegen habe ich oben geschrieben, dass man weder dafür noch dagegen sein kann, man muss das Thema differenziert und fallbezogen betrachten.

Dennoch hat irgendwie die Natur ihre eigene Weisheit und die hat auch bei Bella wieder gewirkt. Sie hatte keine Atemnot, weil der Tumor nicht gewachsen ist und sich sogar ein wenig verkleinert hat, jedenfalls war das unser Eindruck. Irgendwann kam der Tag an dem sie gehen wollte und dann auch ging. Es war ihre Entscheidung und die Naturheilmittel haben ihr dabei geholfen, ihre eigene Entscheidung zu treffen und vor allem zu dem Zeitpunkt, an dem sie es für sich als richtig empfand. So ist sie friedlich eingeschlafen.

Penina ist 10 Jahre alt, absolut fit, gut genährt und macht keinen leidenden Eindruck. Es ist also so ein Zwischending und auf den ersten Blick ist durchaus eine Chemo denkbar, unterstützt von Naturheilmitteln, mit denen wir ja schon angefangen haben, seit sie aus der Klinik kam, denn wir wollten keine Zeit verlieren. Was wir nun machen werden, weiß ich noch nicht und warte auf den Chemoplan und die eingesetzten Mittel, sowie eine genaue Definition der Krebsart. Wenn ich alle Infos zusammen habe, gilt es abzuwägen und dann zu entscheiden. Ich werde Euch daran teilhaben lassen.

Das Foto ist von gestern und man sieht, das geschorene Fell rundum den OP-Bereich am Hals. Die größten Tumore wurden ja entfernt.

Hoffen wir, dass wir den richtigen Weg für die Süße finden, denn eine Garantie gibt es nie und Fehler sind immer möglich. Das ist zweifellos die große Bürde mit der wir leben müssen, denn wer will schon Fehler machen, wenn es um ein geliebtes Lebewesen geht ...

Euer Piitschai


Dienstag, 9. Juni 2015

Das Leben auf der Quinta - Teil 3

Okay, dann wende ich mich heute mal dem Nachmittag, dem Abend und der Nacht zu und erzähle Euch, was da so abgeht. 

Nachdem sich also alle im Tal eingefunden haben, marschiere ich schon mal langsam los, rauf auf den Berg und die Bande tobt quer durch´s Gelände. Einige bleiben immer bei mir, andere schauen mal vorbei, ob ich noch lebe und gehen dann wieder spielen, wieder Andere sagen: "der kann mich mal, ich renn doch nicht jeden Tag den Berg rauf" und sie bleiben deswegen unten, wo es ja auch jede Menge zu entdecken gibt. Im Winter fließt unten der Fluss und während Mensch friert, tobt Hund durch´s Wasser, auch wenn keine Sonne scheint.

Man müsste ja denken, dass alle mittlerweile jeden Stein und jeden Strauch im Tal kennen, aber irgendwie ist es doch immer wieder spannend, weil es jede Menge zum Schnuppern gibt, da mal eine Schlange zu beschnüffeln, dort ein paar Skorpione, dann gibt es auch jede Menge Rebhühner und natürlich die Schwalben, mit denen sich trefflich spielen lässt. Den Wildtieren passiert dabei nichts, denn die Hunde tun ihnen nichts, selbst Kröten und Frösche werden nur angebellt aber niemals gepackt, das ist echt toll. Die Vögel spielen mit ihnen und haben Spaß daran im Tiefflug über die Köpfe zu sausen. Insbesondere Buck jagt den Schwalben dann bis zur Erschöpfung hinterher. Als kleinen Snack zwischendurch genießt man dann noch die weltberühmten Pferdeäpfel im Speckmantel.

Die Schmusbande bleibt immer bei mir und ich hab kaum genug Hände. Hinsetzen kann ich mich da leider nicht und selbst einen Schuh zubinden ist nicht machbar, denn sobald ich mich nach unten beuge, werde ich überfallen. Bei ein oder zwei Hunden wäre das ja kein Problem, aber bei sooo vielen, übersteht man das nicht unfallfrei. Ich hab schon öfters mal den Halt verloren, bin ausgerutscht und ein paar Meter den Berg runtergerollt. Auf dem steinigen Boden, kann das echt wehtun. Dann allerdings kommen alle wie auf Kommando aus allen Himmelsrichtungen zusammen und schauen mich besorgt an. 20 Schlabberzungen im Gesicht bringen mich dann auch ganz schnell wieder auf die Beine ....

Wenn KaySi mit ihren Arbeiten - Beschreibung s.u. - fertig ist, kommt sie nach und rennt erst mal suchend durch´s Tal, um uns zu finden, denn ich verlasse bisweilen auch mit der Bande das eingefriedete Areal. Es ist zwar mit knapp 2 Ha recht geräumig, aber draußen ist es natürlich immer noch spannender.

Jetzt fragt sich der geneigte Leser, wieso das alles so friedlich und problemlos klappt, trotz sooo vieler Hunde. Ich fass das hier mal kurz zusammen:

Der gesamte Clan ist in 4 Gruppen aufgeteilt, die man als Rudel bezeichnen könnte. Diese Rudel haben ihre Bereiche in denen sie tagsüber leben und ihre Sozialstruktur festigen. Damit wir flexibel bleiben, organisieren wir nach dem Talgang die Bereiche aber um, sonst enstehen Rivalitäten und Revierkämpfe. Somit ist jeder irgendwann am Tag auch mal woanders. Das Tal an sich gilt als neutraler Boden und da gibt es keine Rivalitäten. Rivalitäten entstehen eigentlich nur dann, wenn Zäune Rudel trennen, dann wird sich gegenseitig durch den Zaun angemacht. Das vermeiden wir durch wechselnde Rudelbereiche.

Die Rudel selbst haben sich sozusagen zusammengeschlossen, was sie tagsüber durch regelmäßiges Rudelheulen immer wieder festigen. Somit hat zwar jedes Rudel seinen Chef, aber zusammen im Tal sind sie eine Einheit und da alle eh keinen Hunger haben, gibt es auch keine Rivalitäten und kein Jagdverhalten. Diese Energie fließt dann in ein ausgeprägtes Sozialverhalten, was dazu führt, dass behinderte, kranke oder alte Hunde nicht ausgeschlossen, sondern umsorgt werden. Es gibt keinen Konkurrenzdruck. Hunde wie unsere behinderte Coco werden umsorgt und von Anfang an aufgenommen, ohne sich beweisen zu müssen. Außerdem steht es jedem Hund frei, mit ins Tal zu gehen oder nicht. Die Tore sind auf und wer will, der geht. Ältere Hunde haben, insbesondere im Sommer, manchmal gar keine Lust und bleiben dann eben zuhause.

Als wir noch knapp 100 Hunde hatten, lief es genauso ab, allerdings war es damals wichtig einen Alpha wie Rex zu haben, denn gerade junge, unkastrierte Rüden neigen schon mal zu rüpeligem Verhalten und da muss dann einer für Ruhe, Ordnung und Disziplin sorgen. Jetzt mach ich halt den Alpha, was mit ein paar, wenig menschlichen Lauten auch kein Problem ist.

Erstaunlich war die Zeit, als ich krank war, ist ja noch nicht so lange her. Da musste KaySi alles alleine machen und der Clan war komplett verunsichert. Die Routinen waren anders und das brachte sie ins Grübeln. Manche Hunde blieben dann gleich ganz zuhause. Allein die Veränderung war das Thema. Feste Routinen geben den Hunden die Sicherheit und obwohl sie KaySi ja genauso gut kennen, wie mich, kann sie meinen Platz nicht ersetzen und ich den ihren nicht. Es passiert zwar nix, aber man sieht die Fragezeichen in den Augen und über den Köpfen schweben. Wenn sie also mit ihnen ins Tal und auf den Berg ginge und ich die Arbeiten unten machen würde, sähen wir kopfschüttelnde Hunde, die die Welt nicht mehr verstehen. Deswegen habe ich gestern gesagt: "Der Hund ist ein Gewohnheitsmensch".

Nachdem KaySi also bei mir angekommen ist, keuchend und stöhnend, weil es gestern doch mal wieder ein paar Selbstgedrehte zu viel waren und sie eh jegliche Art von Spaziergängen hasst - aber was macht man nicht alles für die lieben Kleinen - gehen wir zusammen langsam runter und zurück. Dann sortiere ich diejenigen, die Spezialfutter bekommen aus und nehme sie mit in die Krankenstation. Der Rest futtert friedlich nebeneinander und die Futternäpfe darf auch nur KaySi verteilen und nicht ich, denn das ist die Routine. Sie hat, während ich auf dem Berg war, Futter vorbereitet, nochmal alles gereinigt, Reviere ausgespritzt, Häufchen gesammelt und alles tiptop gemacht, die Hufe der Pferde gesäubert, die Mähnen gekämmt und das Fell gestriegelt, denn kein Pferd will schmutzig sein Abendessen zu sich nehmen.

Ich wackel aktuell mit Bernhard und Bianca, Mary-Jane, Clarissa und Maxe-Bub in die Krankenstation und kümmere mich darum, das jeder auch nur das futtert was er soll. Das klappt ohne Stress, weil sie das alle kennen und jeder weiß, wo er was essen soll. Medikamentengabe folgt gemäß Plan.

Dann kontrolliere ich den Wasserstand im Tank und die Pumpen, schnapp mir eine Tupperdose und besuch die Wutzis, die jeden Abend von mir noch Äpfelchen erwarten, handgefüttert natürlich ...

Im Anschluss gehe ich nach oben, sammel meine Frau und den Rest der Bande ein, soweit die alle aufgegessen haben, oder aber warte bis es soweit ist. Dann kommt das, was die Linkspartei in Deutschland "Umverteilung" nennt. Wir verteilen die Rudel in die Bereiche um, wo sie dann auch die Nacht verbringen und das sind andere Bereiche als tagsüber. Auf diese Weise ist letztlich jeder überall zuhause.
Gemeinsam wenden wir uns dann den Intensivpflegefällen zu, wie aktuell der Penina. Die ist ja zu der Zeit zusammen mit Balti im Pflegebereich, der direkt vor unserem Schlafzimmer liegt. Es werden die passenden Spritzen und Medis gegeben und je nach Jahreszeit kommen die Vögel dann schon mit ins Haus zu Bonny oder bleiben noch draußen, weil es da einfach kühler ist. Im Winter sind eh alle bei uns im Haus, weil es trocken und ein wenig wärmer ist. Unsere Schlafzimmertüre hat eine Fliegentüre davor - wie in amerikanischen Filmen - und Bonny kann diese selbständig öffnen sodass es ein fröhliches Ein- und Ausgehen ist, ohne dass wir Mücken und Fliegen im Haus haben, was hier ein echtes Thema ist.

Jetzt wird noch das 4. Rudel unter dem strengen Regiment von Shine versorgt, denn die haben mittlerweile gegessen und wollen raus. Dazu gehören unsere echten Straßenhunde Hope, Piranha und Bica, eigentlich auch Lissy, die aber ob ihrer leichten Sehschwäche ganz zuhause bleibt. Ohne Augen sieht sie halt nicht ganz so gut wie die Anderen und geht nur spazieren, wenn ich dabei bin. Das aber klappt problemlos. Deswegen gehe ich auch regelmäßig mit der vorderen Truppe draußen spazieren, was ich damals mit Cascas angefangen habe, damit er Sozialkompetenz lernt und eben auch ein eigenes Rudel hat. Jetzt ist er schon 1 Jahr tot und noch immer kann ich es nicht wirklich begreifen. Er war ein Kampfund, wie Rex und er wurde zum normalen, lieben Hund, der keinem was tat und mit Anderen sehr verträglich war. Einige von Euch kennen ihn ja persönlich und leben heute immer noch ...

Dann ist es so ungefähr 20:30H und wir spurten ins Haus. Ok, jetzt muss ich, entgegen meinem Bericht im allerersten Blog, doch gestehen, dass wir duschen. Is mir zwar peinlich diese Wasserverschwendung zuzugeben, aber ... es muss sein. Nein, nicht wegen der Hunde, im Gegenteil. Den Hunden wie auch den Wutzis kann man nichts Schlimmeres antun, als frische Klamotten zu tragen und frisch geduscht zu sein. Sie mögen diesen künstlichen Geruch nicht, weshalb ich - das ist kein Witz - meine Talhose sehr sehr selten wasche.
Ein Beispiel: wir wollten irgendwann abends mal einkaufen gehen und ich hatte vergessen, einen Pumpenhahn zu schließen. Also bin ich geduscht und in Ausgehklamotten nochmal zum Clan gegangen und das hat für Chaos gesorgt. Winnie ist erst mal auf mich losgegangen, die anderen waren völlig verwirrt und es bedurfte einiger beschwichtigender Worte, bis sie begriffen haben, dass ich es bin.

Jetzt kommen wir in diesem Zusammenhang zu meiner Nachtrunde. Ich gehe nachts zwischen 02:00H und 02:30H ins Bett, weil ich einerseits noch Medis verteilen muss und andererseits kontrolliere, ob die Pferde alle fit sind und keine Kolik ansteht. Das kommt zwar selten vor, aber wenn, dann muss man schnell reagieren. Würden wir die Pferde also 8-9 Stunden unbeobachtet lassen, könnte das tödlich enden. Spätestens jetzt kommen auch Balti und Penina ins Haus, Bonny schlummert um diese Zeit eh schon bei KaySi im Arm. Im Winter läuft das allerdings anders, denn da ist es sehr früh dunkel und kalt, sodass alle Pflegehunde meist den ganzen Tag im Haus sind.

Ich hab nachts Hausklamotten an und bin auch soweit sauber und geduscht. Wenn Diana mich sieht rennt sie bellend weg und ich habe es bisher noch nie geschafft, sie nachts anzufassen, obwohl sie mich liebt und tagsüber immer schmusen kommt. Ich kenne dieses Verhalten schon seit wir Hunde haben, aber wirklich verstanden habe ich es erst, als ich das wirklich empfehlenswerte Buch von Shaun Ellis gelesen habe, der ja jahrelang mit einem Wolfsrudel gelebt hat und zwar in der Wildnis. Was er da beschreibt, kann ich nur bestätigen, es ist das, was wir hier auch beobachten und zeigt, wie nah der Hund am Wolf ist, wenn man ihn nur Hund sein lässt.

Wer meine Erzählungen in animierter Form sehen möchte ... wir haben einen YouTube Kanal namens Spikinet, dort gibt es rund 180 Filme und man bekommt eine Idee von dem was hier abgeht.

Tja, was machen wir sonst noch so? Das was ich bisher beschrieben habe, sind die täglichen Routinen 365 Tage im Jahr. Damit ist es aber nicht getan, denn Hunde brauchen auch Pflege, was sicher jedem einleuchtet. Aktuell ist KaySi ja als Frisörin unterwegs und nix und niemand ist vor ihrer Schermaschine sicher. Scheren ist im Sommer absolutes Must Do, denn bei der Hitze würden langfellige Hunde ganz schön leiden. Bürsten ist allerdings für alle angesagt und sie lieben es. Dann ist da noch das Krallenschneiden, Ohren sauber machen, Decken in den Hütten wechseln - die ich dann nachts waschen darf, weil nur nachts der Strom so stabil ist, dass die Waschmaschine nicht kaputt geht - Scalibors sauber machen, denn die muss man ab und zu abwaschen, damit sie weiterhin ihren Dienst tun und noch so manches Andere, worüber ich dann im nächsten Blog berichte. Der Pflegeaufwand ist bei uns nicht anders, als bei einem normalen Einzelhundehalter, nur eben multipliziert mit 50 und damit bräuchte unser Tag auch schon mal ein paar Stunden mehr, um alles zu schaffen.

Für heute soll´s genug sein, sonst bekommt Ihr ja noch viereckige Augen. Somit einen schönen Restdienstag und ein Gedenken an unseren Cashi-Bär - der einzige Mann, der die wüste Shine je bändigen konnte. Tja, hier muss der Mann noch ein Mann sein, um sich durchsetzen zu können, is wie damals bei den Neanderthalern ... Natur eben.




Montag, 8. Juni 2015

Leben auf der Quinta - Teil 2

Weiter geht´s mit Infos zu dem, was wir hier so treiben oder besser gesagt, was uns hier so antreibt. Ja, genau genommen fühlen wir uns eher getrieben und in einen sehr strengen Arbeitsvertrag eingebunden, den der Clan mit uns geschlossen hat und dabei wird besonderer Wert auf Ordnung, Sauberkeit und Pünktlichkeit gelegt, ansonsten wir der Wind recht frisch, der hier weht.

Apropos Wind: am Wochenende haben uns gleich 2 Tornados heimgesucht, also nicht so, wie man es aus den USA kennt, aber dennoch ... für hiesige Verhältnisse war es schon beachtlich. Morgens um 09:00H fegte der erste vom Foia (dem höchsten Berg der Algarve) herunter zu uns und dann nachmittags um ca. 15:00H kam der Zweite angerauscht. Die größten Schäden erlitten unsere Bäume von denen es armdicke Äste runtergehauen hat und leider trafen auch einige unser Dach und das war dann kaputt. Heute große Reparaturaktion ..... Ok, keine Sorge, ich berichte jetzt nicht über Dachkonstruktionen in südlichen Ländern, wobei das ein wirklich interessantes Thema ist!!!! Nur soviel: die Dachziegeln, die man hier traditionell verarbeitet, werden Mönch und Nonne genannt. Also lasst Eure Phantasie spielen und ratet mal, warum die so heißen.

"Der Mensch ist ein Gewohnheitstier" hat meine Oma immer gesagt und mein Opa, seines Zeichens Rektor am Gymnasium und Offizier im ersten Weltkrieg mit EK-I Orden, meinte stets zu mir, dass Zucht und Ordnung die Basis für ein gottgefälliges Leben seien. Dabei schaute er mich immer recht streng an, wobei sein Glasauge eher durch mich hindurch zu schauen schien. Ich war damals noch keine 10 Jahre alt, aber ich hab´s begriffen, zumal Kreuze und Bilder vom Papst im ganzen Haus präsent waren. Opa war Musik- und Religionslehrer und hat mich bibelfest gemacht und meine musikalische Früherziehung gefördert. War aber ok, hab nie Schläge bekommen, was damals eher eine Ausnahme war. Warum ich das erzähle??? Nein, nicht um Euch zu langweilen, sondern - und jetzt kommt die Überleitung zum Thema - um Euch zu erklären, warum wir hier so agieren, wie wir agieren.

"Der Hund ist ein Gewohnheitsmensch" sag ich immer in Umkehrung des Spruches meiner Oma und so isses auch. Dass hier bis zu 100 Hunde friedlich und frei zusammenleben, ist etwas, das laut Experten gar nicht geht. Jaaa, ich liebe Experten. Wann immer was passiert, kommen sie aus ihren Büros gekrochen und wissen plötzlich ganz genau, warum was wie wo passiert ist und wie man es hätte verhindern können. Besonders lieb hab ich ja Ralf Benkö von RTL, der Urlaubsexperte und letztens, als die German Wings abgestürzt ist, war er sogar Luftfahrtexperte, boaaah.

Ok, ich schweife ab ... aber Experten sind super, ich liebe z.B. auch Frank Weber, denn der ist Tierschutzexperte und ich frage mich, wie man sowas wird und wo man das lernen kann.... wie auch immer, Experten haben mir schon vor 15 Jahren gepredigt, dass das, was wir hier treiben, so niemals funktionieren wird, damals hatten wir ca. 25-30 Hunde, Enten, Hühner, ein Schweinchen und die 3 Höppels. Blöderweise haben sich alle super vertragen, obwohl sie alle frei waren. Als es dann wesentlich mehr wurden, hatten wir das Glück unseren unvergessenen Rex zu bekommen, der eigentlich Tristan hieß. Er war ein echter Alpha, souverän und eine natürliche Autorität. Damit konnten wir auch 99 Hunde im Zaum halten und die Älteren unter Euch, kennen ihn ja und haben es hier live erlebt. Was aber ist das Geheimnis der Ganzen???

Der o.a. Spruch und unser o.a. Arbeitsvertrag, dazu noch mein Opa, der mir in den 62 Jahren meines Lebens nie aus dem Kopf ging, schon wegen des furchteinflößenden Glasauges nicht, das alles ist die Basis unseres Treibens hier. Routinen, feste Abläufe, Vertrauen in die Gumminasen und absolute Verlässlichkeit sind die Grundpfeiler eines guten Soldaten ... neee Quatsch ... eines guten Hundehalters natürlich.

Unsere 365 Tage/Jahr sind davon geprägt. Alles hat seinen festen Ablauf und alles findet immer zur selben Uhrzeit statt. Das größte Problem sind die 2 x jährlich stattfindenden Zeitumstellungen, die wir immer ganz behutsam vorbereiten müssen, damit die Rasselbande nicht unsicher wird.

Wie sieht unser Tag aus??? Morgens pünktlich um 6:50H spurtet KaySi (ja, Karin wollte auch einen schicken Spitznamen haben, so wie ich) aus dem Bett nach draußen zu den gegenüberliegenden Pferdeställen und serviert das Petit Déjeuner, wie meine Vorfahren väterlicherseits es nannten - eben das Frühstück. Ich liege da noch im Koma, warum erfahrt ihr später. Dann macht KaySi das, was jede Frau morgens macht ... sie ... naaaa .... nein, nicht schminken, sondern erst mal Kaffee trinken, dann folgt die erste Selbstgedrehte und dann kommt die Schminkerei, denn ich find Schminke voll cool. Um 08:00H spurtet sie dann nach draußen und entlässt die Pferde in die Wildnis, wo sie den ganzen Tag rumtoben können wie sie wollen. Platz haben sie ohne Ende. Die Pferdeställe werden als Erstes blitzeblank gewienert, denn KaySi ist ja eine echte Pferdefrau.

Die einzelnen Rudel werden dann umsortiert und alles wird mit Schlauch und Schüppe gereinigt. Wasserbottiche werden gereinigt und neu befüllt. Die, die nachts nicht zusammen waren, kommen jetzt zusammen und bilden 2 "Tagesrudel", die sich dann miteinander amüsieren können. Ein Rudel hat seinen Bereich oben und ein Rudel lebt im Garten der Krankenstation, das sind die Älteren und Pflegeintensiveren. Die erste Runde Medikamentengabe macht sie auch gleich in einem mit und diese Runden verteilen sich dann noch gleichmäßig über den Tag und betreffen auch die gesunden, aber alten Hunde, die was für die Nieren und das Herz brauchen

Ich schäle mich in der Zwischenzeit aus meiner Bettdecke und glaube nicht, dass es schon 10:00H ist. So schwanke ich also erst mal ins Bad - nein ich trinke keinen Kaffee und ich rauche auch nicht -, wasch mich aber, schminke mich nicht, schmeiß den PC an und seh zu, dass ich die Verwaltung auf die Reihe kriege, samt Buchhaltung. Gegen 11:00H trudelt KaySi ein und holt mich ab, um die Intensivpflegefälle zu bearbeiten. Aktuell ist das Penina, die ja allerlei Medis braucht, Spritzen etc. Manchmal sind es auch mehrere Hunde und da ist dann auch Deckenwechsel etc. angesagt.

Dann ist es auch schnell Mittag und wir trollen uns ins Haus, um das zu machen, was man Neudeutsch "Brunchen" nennt. Ok, wir haben halt einfach Müsli, ich einen Tee, KaySi einen Kaffee und dabei höre ich Nachrichten und nerve meine Frau gewaltig mit allen möglichen Erklärungen über politische Zusammenhänge, Ursachen und warum man es eigentlich anders machen sollte. Sie nimmt´s mit stoischer Ruhe hin, ist sich aber der Tatsache bewusst, dass es abends passieren kann, dass ich sie während der aufgezeichneten Tagesschau abfrage. Deswegen sage ich immer: "schreib´s dir besser auf". Das hab ich von Cäsar übernommen. Der hat auch immer zu seinem Schreiber gesagt: "Schreib auf, was ich hier gesagt habe" und so kam sein berühmtestes Buch zustande: "Der gallische Krieg". Ok, mein Buch musste ich selber schreiben ... das war halt Pech.

Nach dem Brunch kommt das Internet dran. Facebook, Gockel plus, Mails und das routinierte Kopschütteln und sich über die Menschheit wundern. Aber ... es hat auch was Gutes, denn man lernt Gelassenheit angesichts so viel geballter Ignoranz und Dummheit. Früher sagte man über die Deutschen sie seien das Volk der Dichter und Denker ... ok, dicht sind sie nicht und deswegen müssen sie abgedichtet werden, naja und das Denken wird dem Deutschen ja abgenommen, denn das machen die Politiker für ihn und ihre "political correctness", die beste Erfindung seit die Pressefreiheit abgeschafft wurde. Was wären wir ohne die Politiker und ihre Gesetze, die immer mehr in die persönliche Freiheit der Bürger eingreifen ... aber ... wer sie wählt, muss sich hinterher auch nicht wundern ... ok, ich schweife ab ...

Wenn wir also ohne größere, psychische Schäden das Internet verkraftet haben, rufen die anderen Pflegefälle zum Dienst und zwar pünktlich!!! Aktuell setzen wir Max auf´s Laufband so gegen 13:30H. Max kann die Uhr nicht, uns deswegen haben wir da 30 Minuten Spielraum. Manchmal haben wir auch mehrere Kandidaten fürs Laufband wie z.B. Caddy oder Valentina, die es aber hinter sich hat ... also das Laufband meine ich.

Dann kommt die Arbeitsliste für mich, und KaySi sagt mir, wo wie was zu reparieren ist oder eben ... aktuell feuersicher gemacht werden muss. Das bedeutet momentan mähen, mähen, mähen in den Bereichen, wo der Bauer mit der großen Mähmaschine nicht hinkommt. Ansonsten kann man sagen: kaputt ist immer was und repariert werden muss dauernd oder KaySi hat wieder mal eine geniale Idee, was man verbessern und bauen könnte. Ich liebe ihre Ideen.

So ist dann ganz schnell der Nachmittag rum und die Dame des Hauses klingelt zum Lunch. Das ist eine portugiesische Tradition und rührt vom englischen 5 Uhrtee her. Wir schlürfen den Tee auch um 17:00H und essen dazu eine Kleinigkeit. Dann geht es schon wieder raus.

Bevor die Pferde aus dem Tal gerufen werden, muss noch alles sauber gemacht werden, denn Hunde haben die unangenehme Eigenschaft, nicht lesen zu können und deswegen finden sie auch das WC nicht.

Dann werden alle Hunde eingesperrt, Yes! Einmal am Tag sollen sie auch merken, dass sie nicht zum Vergnügen hier sind und nicht nur um uns zu schikanieren, sondern auch umgekehrt. Ein Tierschutzhund muss auch mal eingesperrt werden, sonst ist es kein echter Tierschutzhund. Aaaalso ab in die diversen Schlafplätze, aber diesmal mit Türe zu. Dann können die Pferde unfallfrei in ihre Ställe rennen und sich über ihr Futter hermachen. Das dauert nur 5 Minuten und schon gehen alle Türen wieder auf und die gesamte Rasselbande rennt ins Tal zum weltberühmten Talgang. Jetzt ist es 17:45H und keine Minute später.

So und im nächsten Blog lest Ihr dann wie der Talgang abläuft, warum ich immer kochen muss, warum ich sehr spät ins Bett gehe und daher morgens nicht so früh fit bin, was wir noch so alles zwischendurch erledigen müssen und warum es uns nie langweilig wird, denn das, was ich bisher beschrieben habe, sind nur die Routinen an normalen Tagen, wie Wochenende, Feiertage, Weihnachten etc. Und dann erkläre ich Euch noch, warum die o.a. Experten eben doch keine solchen sind und nicht recht haben. Was macht den Clan zum Clan??? Das ist hier die Frage, die ich zu beantworten gedenke.

In diesem Sinne, ein Bild vom unvergessenen Rex und einen guten Wochenstart wünscht Euch

der Piitschai













Freitag, 5. Juni 2015

Leben auf der Quinta - Teil 1

Bevor ich loslege, noch eine kurze Anmerkung: Ihr könnt unter den Beiträgen im Blog kommentieren und müsst dazu nicht angemeldet sein, oder, wie gewohnt, auf FB unter dem jeweiligen Link zum Blog. Wäre toll, wenn ich auch FeedBack bekäme, wir Eure heiß geliebte Kelly. Danke schon mal im Voraus.

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Nun, das Leben auf der Quinta mit so vielen Pflichten und einer großen Verantwortung, ist nicht gerade einfach. Ich will - in mehreren Teilen - ein wenig schildern, was wir tagtäglich tun, was uns bewegt und was uns Probleme macht, vor allem wenn man Verantwortung für rund 50 Tiere trägt.

Aktuell haben wir ja eine Hitzewelle, die offenbar auch nach Deutschland durchschlägt. Hab gerade in den Nachrichten gehört, dass Trockenheit ein Problem ist und es in Brandenburg bereist 60 Waldbrände gegeben hat ... schöne Grüße vom Klima und den Kohlekraftwerken, aber Deutschland musste ja mal wieder eigene Wege gehen und der Welt beweisen, wie toll wir aus der Atomenergie aussteigen, auch wenn wir keinen rechten Plan für das DANACH haben. Dass die Kohlekraftwerke es ausgleichen müssen, war klar, zumindest mir, aber offenbar nicht der Politik. Ausstieg ja, aber planlos???

Somit haben Ihr in Deutschland und wir in Portugal einiges gemeinsam, nämlich die Trockenheit und die Angst vor Feuer. Wir sind aktuell dabei, die Quinta feuersicher zu machen, alles Trockene zu mähen und die Erde umzugraben (hier ist ja jetzt nichts mehr grün), die Löschsysteme zu checken und die Pläne zu aktualisieren, die wir allesamt schriftlich bei uns tragen, damit in der Hektik der Löscharbeiten nichts vergessen wird. Die Angst begleitet uns über den ganzen Sommer hinweg, von Mitte Mai bis Ende September. Kein schönes Gefühl, vor allem wenn man Verantwortung für so viele Tiere hat und dafür sorgen muss, dass ihnen auch im schlimmsten Fall nichts passiert, aber auch dafür gibt es einen Plan. Ich bin berüchtigt für meine Pläne und denke immer: "wer plant der schreibt und wer schreibt der bleibt" ... oder so ähnlich.

Man hält immer wieder die Nase in die Luft, wie ein Hund der Witterung aufnimmt und man hofft, nichts zu riechen, was auf Feuer hindeutet. Ja, ja, wenn man mit so vielen Hunden so eng zusammenlebt, nähern sich die Spezies einander an. Mensch wird wie Hund, Hund wird wie Mensch. Klar, das ruft dann schnell die Psychologen auf den Plan, die Leuten wie uns ein Defizit an sozialer Kompetenz nachsagen und deuten, dass wir diesen Mangel dann im Zusammenleben mit den Hunden kompensieren würden. Der Hundebesitzer als Sozialkrüppel ... auch eine Sichtweise, die ich dennoch nicht wirklich unterschreiben kann, aber ich bin ja auch nicht neutral. Unter uns gesagt ist es mir auch egal, denn jeder soll nach seiner Façon glücklich werden. Fakt jedenfalls ist, dass Hunde eine extrem hohe Sozialkompetenz besitzen, die die des Menschen bei Weitem übertrifft.

Wasser ist unser anderes Problem und man weiß ja: das hängt naturgemäß eng mit dem Feuer zusammen, auch wenn man nicht esoterisch in der Elementenlehre vorgebildet ist. Wir haben hier ja einen Brunnen gebaut, schon vor 20 Jahren und der ist 100 Meter tief, damals viel zu tief, denn 40 Meter reichten auch. Der Brunnenbauer hatte mich gewarnt und dringend empfohlen, tiefer zu gehen. Recht hatte er und ich hab´s gemacht. Ohne den Tipp säßen wir heute auf dem Trockenen. Brunnen mit 40 oder 60 Metern sind heute trocken. Damals leistete der Brunnen 2.000 Liter/Stunde, heute sind es 2.000 Liter/Tag im Winter und 1.000 Liter/Tag im Sommer ... Wir haben noch eine uralte Grundwasserzisterne vom Vorbesitzer, die wir letztes Jahr aktiviert haben und da kommen runde 800 Liter/Tag zusammen. Ok, das sagt Euch vielleicht nichts, deshalb kurz die Erklärung der Mengen.

Die Pferde brauchen jeweils mindestens 60 Liter am Tag, macht also 180 Liter. Die Wasserbottiche für die Hunde brauchen alle zusammen runde 580 Liter, wobei die Hunde das zwar nicht komplett austrinken, aber wir müssen die Bottiche jeden Tag frisch befüllen und reinigen, jedenfalls im Sommer, denn trotz Schattenpositionen ist die Brühe nach einem Tag in der Hitze unzumutbar. Dann brauchen wir jeden Tag Wasser zum reinigen der Reviere und Hütten, das sind auch mal schnell 250 Liter - oder mehr, falls jemand Darmunpässlichkeiten hat. Man sieht also, es wird immer knapper. Ok, wir Menschen brauchen auch Wasser zum Zähneputzen und einmal monatlich zum Schnellduschen ;-). Wenn dann ein Feuer kommt, wird es mit dem Löschen wirklich knapp. Also duschen wir im Sommer gar nicht, haben die Neanderthaler ja auch nicht gemacht, weil sei gar keine Dusche kannten.

Was machen wir mit dem Abwasser??? Nun, da hab ich schon 1996, als man mit "Bio" noch Alfred Biolek meinte, eine namensgleiche Kläranlage gebaut, die Wasser recycelt und zumindest insofern wiederverwendbar macht, dass man ums Haus herum die Pflanzen am Leben erhalten kann, was auch wichtig ist, denn wo´s grün ist, brennt´s nicht so leicht. Wasserwirtschaft ist bei uns extrem wichtig, denn es gibt keine öffentliche Versorgung.

Ja, bei uns ist alles Bio, denn wir nutzen null Chemie auf der Quinta, nicht für Pflanzen, nicht zum Putzen, nicht zum Waschen und nicht für uns beide Menschen. Anders würde es auch gar nicht gehen, denn die Kläranlage ist mit Pflanzen bestückt, die das Wasser wieder aufbereiten. Aber auch ohne die Kläranlage würden wir es so machen, denn die Verseuchung des allgemeinen Wassers ist gigantisch und die Kläranlagen der Städte können das gar nicht mehr kompensieren. Trinkwasser in Städten ist hier extrem gechlort, damit niemand krank wird. Kochen kann man damit nicht und deswegen ist hier Wasser aus Flaschen das große Geschäft schlechthin, aber das ist ein anderes Thema, zu dem ich an anderer Stelle mal was schreiben werde.

Und so denken wir beiden Menschen in den fortgeschrittenen Lebensjahren auch an die Zukunft und überlegen uns, wie wir das alles in 10 oder 15 Jahren noch schaffen können. Ich bin dann Mitte 70 und Karin Ende 60. Wir werden wohl noch gute 15 Jahre die Verantwortung hier für unsere Tiere haben, denn wir stehen im Wort und haben allen versprochen, dass wir für sie sorgen, bis der Tag kommt ... Unser Motto lautet ja: "wer ein Mal seine Pfote auf die Quinta gesetzt hat, für den ist gesorgt und er bekommt alle Liebe und Fürsorge lebenslang."

So ein Motto hat natürlich auch Konsequenzen, denn die Arbeit ist hart und das 365 Tage/Jahr. Wir müssen immer überlegen, ob wir einen Hund aufnehmen können oder ob wir zu alt dafür sind, ihn bis zum Ende zu versorgen. Alten Hunden wie unserem Balti einen schönen Lebensabend zu schenken ist sicherlich kein Problem. Jungen Welpchen aber eine Zukunft auf der Quinta zu bieten, das wird problematisch. Wir werden zusammen mit unseren Tieren alt und das kriegen wir auch hin, denn versprochen ist versprochen.

Ein tolles Wochenende im Schwimmbad, Pool, Wald, Baggersee oder in der Eisdiele

Wünschen Euch der Piitschai und der alte Balthasar




Donnerstag, 4. Juni 2015

Kelly´s Nachfolge

Nun ist es soweit unsere langjährige Reporterin Kelly ist in den wohlverdienten Ruhestand gegangen und hat das Staffelholz an mich übergeben.

Ab jetzt werde ich regelmäßig über das Projekt und unser Leben hier, im südwestlichen Zipfel Europas berichten. Von unseren rund 50 Hunden, den 3 Pferden, 2 Schweinen und vielen Wildtieren, um deren Erhalt wir uns auch kümmern, gibt es immer etwas zu berichten.

Manchmal plagen uns Sorgen, manchmal ereignen sich auch lustige Dinge, und langweilig wird es uns nie, denn wir stemmen das ganze Projekt hier mit nur zwei, in die Jahre gekommenen Menschen und werden für unsere Schützlinge sorgen, bis sie allesamt den Weg des Irdischen gegangen sind. So wie es momentan aussieht, habe ich also genügend Stoff um in den kommenden 15 Jahren zu berichten.

Karin und ich würden uns freuen, wenn Ihr uns auch weiterhin treu bleibt, Freunde einladet und auf uns aufmerksam macht und natürlich kommentiert, was wir so veröffentlichen. Wir haben uns für die Form des Blogs entschieden, um die Wochenberichte übersichtlich zu gestalten, ein Archiv anlegen zu können und für Euch auch recherchierbar zu machen, wenn Ihr mal was sucht. Die Facebook Seite und unsere WebSite bleiben natürlich erhalten und werden auch wie gewohnt betreut.

Die neuen Fans heißen wir herzlich willkommen und freuen uns über FeedBack, Fragen und Kommentare.

In diesem Sinne freue ich mich auf regen Austausch und hoffe, dass ich Euch unser Naturschutzprojekt wieder ein Stück näher bringen kann, auch wenn wir relativ weit von Deutschland weg sind.

Euer Peter-Johannes (Spitzname: Piitschai)